Großbrände

Wie das Feuer überhaupt zu den ersten Menschen kam? Ja, wenn wir das wüssten ! Die Sage berichtet, dass der Titanensohn Prometheus, nachdem er aus Erde den ersten Menschen geformt hatte, vom Himmel das Feuer heimlich holte, um sein Geschöpf zu beleben. Darüber aber geriet Jupiter, der oberste der Götter, so in Zorn, dass er den Prometheus durch den Schmiedegott Vulcanus am Kaukasus festschmieden ließ. Dorthin kam jeden Tag ein mächtiger Adler und riss dem Wehrlosen mit Schnabel und Krallen die Leber aus dem Leibe. Die Wunde schloss sich wieder in der Nacht, und am nächsten Morgen erschien der Quälgeist wieder und erneuerte ohne Unterlass die furchtbare Marter. So entsetzlich straften die Götter den Raub des Feuers, das den Menschen so unermessliche Wohltaten erweisen sollte.
Eine Sage nur, eine Mär, werden Sie wohl sagen. Natürlich! Aber vielleicht verbirgt sich dahinter ein schreckliches Geschick.
Jedenfalls, eines ist gewiss! Das Feuer machte erst die Erde bewohnbar. Ohne seine wohltuende, lichtspendende Kraft saß der Mensch der frühesten Zeit frierend in seiner Wohnhöhle, und seine dunkeln Nächte waren angefüllt mit Angst und Schrecken. ,,Ké Feier a keng Flam” bedeutet noch im heutigen Sprachgebrauch das Trostlose, das Unwirtliche schlechthin.
Kein Wunder also, dass die Menschen das Feuer bald als Gottheit verehrten, es ängstlich hüteten und bewahrten. Im alten Rom waren 17 Jungfrauen aus den edelsten Familien, die Vestalinnen, mit der Feuerwacht am Altar der Göttin Vesta beauftragt. Wehe derjenigen, durch deren Verschulden das Feuer je erlosch; sie wurde lebendig begraben und ihr Name der Schande preisgegeben. Bei den andern Völkern der Antike wurde es ebenfalls vergöttlicht, und die christliche Religion übernahm von dieser Feueranbetung manch ehrwürdigen Brauch: das ewige Licht vor den Altären, die Kerzenbeleuchtung bei den Gottesdiensten, die Segnung des Feuers.
Doch recht bald sollte die Menschheit neben der wohltätigen Seite auch die andere, die gefahrenbringende, des verehrten Elementes erkennen. „Wohltätig ist des Feuers Macht, wenn sie der Mensch bezähmt, bewacht. Doch wehe, wenn sie losgelassen !” – Ja, war sie einmal entfesselt, dann stand der Mensch ihr meist wehrlos gegenüber.
Seine schwachen Kräfte vermochten dieser Urgewalt nicht wirkungsvoll entgegenzutreten. Wie viele Tragödien dieser Art mögen über die Erde hingegangen sein im Laufe ihrer langen Geschichte ! Es ist unmöglich, auch nur annähernd alle die Opfer aufzuzählen, die von Wald-, Steppen- und anderen Großbränden gefordert wurden.
Eines nur ist gewiss, wo das Feuer sich dem sicheren Gewahrsam seiner Wächter entzogen hatte, artete es oft in ungeheure Katastrophen aus. Aus dem Altertum und aus der Neuzeit kommt Kunde vom Untergang großer Städte und ganzer Kulturen durch die Flammenmeere riesiger Brünste. Man erinnere sich nur an den Brand von Rom unter dem Kaiser Nero und den Untergang von Moskau nach der Besetzung durch Napoleon I.
Als das Mittelalter die Menschen mehr und mehr vom Land in die befestigten Städte lockte und sich im allgemeinen die Siedlungen immer dichter zusammenballten, wurde auch die Feuergefahr immer mehr zum drohenden Gespenst. Man stelle sich nur die Zustände in einer mittelalterlichen Stadt vor: enge Gassen, darin sich dicht aneinander gebaut Haus an Haus reihte, oft nur Armeslänge vom Gegenüber getrennt ; die Häuser vielfach aus Holz oder Fachwerk gefügt, mit Stroh oder Holzschindeln gedeckt; keine Wasserleitung, höchstens ein Brunnen oder Löschweiher, oft an einem abgelegenen Ortsteil, keine organisierten Wehren, keine Spritzen; in den Häusern offenes Herdfeuer, Kerzen, Ölfunzeln oder gar Kienspäne mit frei brennender Flamme. Wenn da ein Funke in brennbares Zeug flog, und dessen lag übergenug herum, dann musste es unweigerlich zur Katastrophe kommen. Die geringste Unvorsichtigkeit genügte, um ganze Straßenzüge, oft ganze Städte in Schutt und Asche zu legen.
Die Anstrengungen der Helfer waren meist vergebens. Sie standen machtlos dem tobenden Element gegenüber. Die Brunnen, die übrigens meist nur vor den Häusern der Bemittelten gebohrt worden waren, waren bald mit den Tucheimern ausgeschöpft, viel Wasser wurde auf dem Weg durch die lange Kette der Einwohner verschüttet, und die Flammen konnten sich ungestört durch die Häuserreihen weiterfressen.
Solcher Großbrände muss es in früheren Zeiten unzählige gegeben haben. Nicht über alle erzählen die Chroniken, und wenn je schriftliche Berichte Vorlagen, so fielen auch sie nachfolgenden Feuersbrünsten zum Opfer.
Schon aus dem Jahre 1422 kommt uns die Kunde von einem Großbrand in Echternach, in dessen engen Gassen sich das Feuer mühelos entwickeln konnte.
Kaum 20 Jahre später, 1444, war es wieder Echternach, das durch Feuer heimgesucht wurde. Ihm fielen 200 Wohnhäuser, das Kloster, das Dach der Basilika und das Klarissenstift zum Opfer. Beim Wiederaufbau der Stadt wurde der Dingstuhl errichtet, der heute noch steht.
Am 30. Juni 1509 gab es eine entsetzliche Feuersbrunst in Luxemburgs Altstadt. Sie dauerte fünf Tage lang und zerstörte die Michelskirche und 180 Häuser. Sie konnte nur recht unwirksam bekämpft werden, da weder fließendes Wasser, noch Brandweiher vorhanden waren. Und das, obschon bereits aus dem 13. Jahrhundert berichtet wird von einem Feuerlöschdienst bei den „Franziskanern”.
Am 11. Juni 1554 schlug der Blitz in die Franziskanerkirche auf dem heutigen „Knuedler”. Die spanischen Militärbehörden hatten eine größere Menge Schießpulver auf dem Gewölbe der Kirche in Fässern lagern lassen. Diese entzündeten sich durch den Blitzstrahl. Die Explosion war so gewaltig, dass beinahe die ganze Oberstadt zerstört wurde, samt dem alten Rathaus und dem Maria-Magdalenenkloster. Die Verwüstung war so gründlich, dass die Einwohner lange Zeit in den Kellern ihrer früheren Behausungen leben mussten, weil ihnen das Geld fehlte, um neu zu bauen. Zur Linderung dieser Not erließ Kaiser Karl V. am 22. Okt. 1555, also einige Tage vor seiner Abdankung, den sinistrierten Bürgern der Stadt alle Steuern auf eine Dauer von 20 Jahren und befahl, alle sonstigen Steuererträge zum Ankauf von Baumaterialien zu verwenden. Der Wiederaufbau sollte innerhalb von 6 Jahren beendet sein. Ferner empfahl er, die neuerrichteten Häuser mit Schiefern oder Ziegeln zu decken, da eben die alte Bedachung mit Stroh oder Holzschindeln dem Brand weitgehend Vorschub geleistet hatte. Dieser gute Rat wurde jedoch sehr wenig befolgt, so dass der Stadtrichter und die Schöffen sich bei Karls Nachfolger, Philipp II., beschweren mussten. Dieser erneuerte den Befehl seines Vaters am 22. März 1574 und trug sogar dem Steuereinnehmer de Cobreville auf, die Hälfte der neuen Bedachungen zu bezahlen. Und das 20 Jahre nach dem Brand !
In der Stadt Luxemburg wurde 1577, noch unter dem Eindruck der Katastrophe von 1554 beschlossen, dass andauernd eine Bürgermiliz auf dem Turm der Nikolauskirche (Standort heutiges Kammergebäude)Wachdienst halten sollte, um etwaige Feuersbrünste sofort melden zu können. Außerdem wurde im „Hellepull” (heute etwa Casino) ein größerer Brandweiher unterhalten, um das nötige Löschwasser immer zur Hand zu haben.
Diese Vorsichtsmaßnahmen betrafen, wohlgemerkt, nur die Stadt Luxemburg, aber auch nur die Stadt. Auf dem flachen Lande blieb es noch jahrhundertelang beim alten, und die Brandkatastrophen blieben deshalb nicht aus.
Ende 1602 zogen unter dem Befehl des Grafen Ludwig von Nassau holländische Freibeuter raubend und brandschatzend durch das Land auf die Festung Luxemburg zu. Unterwegs hausten sie „auf die unchristlichste und schrecklichste” Weise. In der bekannten Heisdorfer Chronik heißt es : „gantz Merscher Tal ist verbrennt worden”. Damals wurde auch dem Merscher Schloss der rote Hahn aufgesetzt.
Am 11. Januar 1645 wurde Grevenmacher fast ganz durch Feuer zerstört; das war gegen Ende des 30jährigen Krieges, nachdem schon Hunger und Pest die Bevölkerung bereits schrecklich heimgesucht hatten.
Ein etwas seltsamer Bericht liegt uns vor aus dem Jahre 1683. Während der Belagerung der Festung warfen die Franzosen Créquis in den Tagen vom 21. bis zum 27. Dezember 6000 Bomben auf die Stadt Luxemburg. Die Einwohner bauten dem Feuer vor und trugen einfach die Dächer ihrer Häuser ab. Und das mitten im kalten Winter ! Sie zogen wohl die Kälte der Jahreszeit der Glut des Feuers vor.
Das 18. Jh. brachte dem Lande eine Reihe besonders schwerer Brände.
Am 11. Mai 1705 brach im Pfaffenthal eine Feuersbrunst aus, die in weniger als 2 Stunden 82 Häuser vernichtete.
Und wenige Tage später, am 19. Mai 1705 verbrannte ein großer Teil von Echternach. Die Franzosen beschossen vom Eselsberg aus die Stadt mit glühenden Kugeln. 143 Häuser sanken in Schutt und Asche.
Ende Juli 1706 schlug bei einem bösen Gewitter der Blitz in den Turm der alten Pfarrkirche von Mersch. Die Kirche und alle umliegenden Wohnhäuser wurden ein Raub der Flammen. Die Kirche und die Häuser wurden geflickt, der Turm wurde durch den heutigen Michelsturm ersetzt. (1707)
Im Jahre 1723, am 30. Mai, brach mitten in der Nacht ein Großfeuer aus in Vianden, im sogenannten „Faubourg”. Außer der Nikolauskirche zerstörte der Brand eine große Zahl von Häusern. Das Gerichtsbuch der Stadt Vianden meldet darüber: „Den 30. Mai 1723 ist eine solche nechtliche feuersbrunst in hiesiger Vor-Stadt entstanden, daß 55 Wohnhäuser nebst die Stallungen undt neun lauerhäuser (Gerbereien) gantz eingeäschert. Ein honnert Stück allerhandt Viehe verbrännt. Gott wolle uns künftig dergleichen straffen gnaedigst Erlassen”.
Dreißig Jahre später, am 6. Mai 1753 kam es zu einem Großbrand in Diekirch. Ein weiter Gebäudekomplex mit Laurentiuskirche und Pfarrhaus fiel ihm zum Opfer.
Der 19. August 1778 brachte Ettelbrück eine entsetzliche Feuersbrunst. Fast der ganze Ort wurde vernichtet, nämlich 480 Häuser. Von dieser Katastrophe konnte Ettelbrück sich schier nicht mehr erholen. Um der ungeheuren Not in etwa zu steuern, gestanden die Österreicher der Ortschaft 12 Freimärkte zu, die viel zu ihrem späteren Aufblühen beitrugen.
Am 12. Mai 1785 wurde das Dorf Dahlem bei Garnich durch einen verheerenden Großbrand gänzlich in Asche gelegt.
Und am 22. Mai 1794 brannten die Sans-Culotten die Dörfer Niederkerschen, Zolver und Sassenheim nieder. Am 27. November desselben Jahres steckten sie Dorf und Kloster Bonneweg in Brand.
Unter dem französischen Regime (1795 bis 1815) begann dann endlich eine radikale Bekämpfung der überhandnehmenden Brände. Vor allem rückte man energisch ihren Ursachen auf den Leib. So drohte die Verwaltung des Wälderdepartements mit recht strengen Strafen, wenn man es nicht unterlasse, Hanf oder Flachs in den Backöfen zu dörren. Haussuchungen und Verurteilungen häuften sich, da die Dorfbewohner den heilsamen Sinn dieser Verbote nicht einsehen wollten. Am 13 floréal an XI (3. 5. 1803) wurde z. B. dem Michel Millerin von Schandel untersagt, seine Töpferei weiterzuführen, weil der Bau eine Strohbedachung hatte und die Verwölbung der Öfen schadhaft war.
Übrigens mag hier rückblickend betont werden, dass die meisten Rechtsordnungen des Mittelalters, die sogenannten Weistümer, sich mit der Brandordnung befassten. Eine harte Strafe traf den, bei dem aus nachweisbar eigenem Verschulden ein Brand auskam. Zu den Vorbeugungsmaßnahmen gehörte auch die Beschau der Feuerstätten. Von der Dorfgemeinde bestimmte Männer mussten den Herd, den Kamin und den Backofen besichtigen. Schadhafte Stellen mussten gemeldet oder durften kurzerhand durch den Beschauer mit dem Hammer zerschlagen werden.
Trotzdem gab es, auch noch im 19. Jh. Feuersbrünste, die sich manchmal zu richtigen Lauffeuern auswuchsen und ungeheures Elend im Gefolge hatten.
Am 12. November 1814 erlebte Ettelbrück seinen zweiten Großbrand. Um 1 Uhr nachmittags brach ein an sich unbedeutendes kleines Feuer aus in der Hütte einer armen Frau am Südende des Dorfes. Aber ein sehr starker Wind stand auf und trug die Flammen weiter von Haus zu Haus. Innerhalb einer halben Stunde brannten etwa zwei Drittel aller Häuser der Ortschaft. 160 davon wurden mit allen Nebengebäuden eingeäschert. Die Not war ungeheuer, denn der Winter stand vor der Tür. Kreisdirektor Simons aus Diekirch und Kreisdirektor München aus Luxemburg erließen ergreifende Aufrufe um rasche und wirksame Hilfe an alle Pfarrer und Bürgermeister ihrer Distrikte. Aus allen Ecken des Landes strömten reichliche Spenden nach Ettelbrück.
Acht Jahre später, am 18. November 1822, brach das Unheil über Grevenmacher herein. Ein Einwohner, „Duddermattes” genannt und am Diedenhofener Tor wohnend, hatte heimlich ein Schweinchen geschlachtet, um der so verpönten Schlachtsteuer zu entgehen. Als er es auch heimlich sengen wollte, flog ein Funke in das Strohdach seines Hauses. Im Nu stand dieses in Flammen. Ein starker Wind jagte den Brand in das gegenüberliegende Nachbarhaus, und bald waren die Syr- und die Poststraße nur noch ein wogendes Feuermeer. Innerhalb einer Stunde brannte ganz Grevenmacher. Die Einwohner standen ohnmächtig dieser entfesselten Naturgewalt gegenüber. Aber erst 6 Stunden später langte die erste Hilfe aus Trier an. In dem Wirrwarr hatte man überhaupt vergessen, sich an die Stadt Luxemburg zu wenden. Es dauerte bis zum 20. November, ehe man des Feuers Herr geworden war. Die Bilanz dieses Großbrandes war eine schreckliche: 147 Wohnhäuser, 39 Scheunen und 18 Stallungen waren vernichtet, 200 Menschen waren obdachlos geworden. Auch die Pfarrkirche war ausgebrannt und die 3 Glocken lagen als geschmolzener Erzklumpen unter den glühenden Trümmern. Der Gesamtschaden wurde auf 193.483 (Gold)-franken geschätzt. Glücklicherweise war kein Menschenleben zu beklagen. Gleich nach dem Brand setzte die Hilfsaktion ein. Von Trier kamen sofort Wagen mit Lebensmitteln. Die Nachbardörfer gaben an Kleidungsstücken, Bettwäsche usw., was sie nur entbehren konnten, König und Regierung stellten bedeutende Summen zur Verfügung; eine im ganzen Land veranstaltete Geldsammlung brachte die für jene Zeit recht große Summe von 15.264 Gulden ein. Fünf Personen, die sich bei den Löscharbeiten besonders hervorgetan hatten, wurden vom König-Großherzog dekoriert. Eine offene Anklage gegen den Urheber des Brandes konnte nicht erhoben werden, weil alle Beweise fehlten; wahrscheinlich war das Schwein mit verbrannt. Was hätte es übrigens den armen Einwohnern auch geholfen, wenn man den Mattes eingesperrt hätte !
In diese Zeit der verheerendsten Großbrände fallen dann die Rundschreiben des Gouverneurs Willmar und die königlichen Erlasse Wilhelms I. des Jahres 1827. Da sie ganz präzise Vorschriften zur Verhütung und Bekämpfung der Feuersbrünste brachten, waren sie von bahnbrechender Bedeutung.
(S. : Ein Versuch zur Reglementierung der Brandbekämpfung)
In dem außergewöhnlich trockenen Sommer des Jahres 1842 kam es am 11. Juni gleich zu zwei Großfeuersbrünsten, zu Stolzemburg und zu Wasserbillig. Letztere war besonders fürchterlich. Der Brand brach gegen Mittag durch Unvorsichtigkeit aus und fraß sich mit Blitzschnelle an den Strohdächern weiter. Ein heftiger Ostwind schüttete die sprühenden Funken über das ganze Dorf, und innerhalb von 20 Minuten waren 54 Häuser ein Raub der Flammen geworden. An ein Löschen oder nur ein Retten des Mobiliars war wegen der übermäßigen Hitze und der leicht brennbaren Bauart der Häuser nicht zu denken. Erst gegen 6 Uhr abends erlosch der Brand, nachdem er ungeheuren Schaden angerichtet hatte. Nur 8 von den zerstörten Häusern waren versichert. Nur 14 Gebäude, nämlich Schule, Kirche, Pfarrhaus und 11 Häuser waren verschont geblieben.
Das Dorf Stolzemburg wurde an demselben Tag heimgesucht und verbrannte ganz.
Am 10. Juli 1845 erging dann das Verbot, neue Strohbedachungen vorzunehmen. Aber dieser Beschluss war äußerst unpopulär, so zwar, dass er 3 Jahre später wieder aufgehoben werden musste. Unter „Mengem Dâch vu Stréih” wohnte es sich so gemütlich! Dass diese Gemütlichkeit furchtbare Folgen haben konnte, daran dachte man lieber nicht.
Und so ging es munter weiter mit den großen Feuersbrünsten:
Im Frühling 1847 war die Reihe an Medernach. Der ganze mittlere Teil des Dorfes wurde ein Raub der Flammen; 9 Häuser mit ihren Dependenzien sanken in Schutt und Asche.
Ein anderer Großbrand zerstörte am 18. Juni 1847 in Dommeldingen 8 Häuser, und am 22. Dezember des gleichen Jahres verbrannten in Greiveldingen 10 Wohnhäuser.
Am 5. Juli 1854 brach in Luxemburg ein Großbrand aus, der für die Stadt beinahe eine entsetzliche Katastrophe hätte herbeiführen können. Neben der Heilig-Geist-Kaserne befanden sich die großen Schreiner- und Zimmermannswerkstätten der Garnison. Dicht dabei stand der Pulverturm der Festung, der bis unter das Dach gefüllt war. Die Werkstätten waren umgeben von ausgedehnten Holzlagern, einer Baumsägerei mit reichlichen Holzabfällen und Sägemehl, Magazinen mit fertigen Möbeln für das Militär, Festungspforten und Palisaden. Dadurch, dass ein Bein abbrach an einem Dreifuß, der einen gefüllten Teerkessel trug, kam es zum Brand. Der Kessel stürzte um, der kochende Teer ergoss sich über das Sägemehl und schon loderten die Flammen auf. Sie sprangen auf einen zweiten Kessel über, und im Nu stand die ganze Bastion Beck in Brand. Der schwere, schwarze Rauch konnte wegen der drückenden Hitze nicht hochsteigen und wälzte sich durch die engen Gassen; er erschwerte bedeutend die Löscharbeiten. Nie stand die Hauptstadt unmittelbarer vor einer drohenden Katastrophe wegen der möglichen Explosion des Pulverturms. Es bestand noch keine Wasserleitung, und für das Löschen war man angewiesen auf das Wasser der privaten Zisternen und der öffentlichen Tretbrunnen der Kasernen. Besonders erschreckend war außerdem die Nähe der Schulen, des Seminars und des Athenäums. Alles rannte suchend nach Schutzbefohlenen und Schulkindern durch die rauchgefüllten Straßen. Durch den sofortigen Einsatz von Militär, Polizei und Gendarmerie wurde jedoch verhütet, dass jemand ein Leid geschah. – Gleich nach dem ersten Alarmsignal der Soldaten und dem Klang der Sturmglocke von St. Michael setzten die Löscharbeiten ein. Große Bütten und Fässer wurden vor den Häusern aufgestellt und mit Zisternenwasser gefüllt. Die mächtigen Pferdegespanne der Brauereien und der zahlreichen Fuhrleute der Unterstädte schleppten die plumpen Feuerspritzen an Ort und Stelle. Soldaten wurden an die Spritzen und an die Treträder der Brunnen beordert. Die intensivste Sorge galt dem Pulverturm, den man vor einem Übergreifen des Feuers schützen wollte. Die Einwohner halfen beherzt und unermüdlich mit. Gegen Abend, nach 10-stündiger, heldenmütiger Arbeit, war die höchste Gefahr gebannt, und man konnte mit den Aufräumen der Brandstätte beginnen. Die zahlreichen Belobigungs- und Dankschreiben, die besonders an die verschiedenen Freiwilligen Feuerwehren gerichtet wurden, waren reichlich verdient.
Am 14. Juni 1858 schlug das Schicksal in unserer unmittelbaren Nachbarschaft zu. In Beringen kam es zu einer großen Feuersbrunst, welche 11 Häuser mit ihren Scheunen und Stallungen zerstörte. Die Gemeindeverwaltung von Mersch beschloss, den Heimgesuchten zu Hilfe zu kommen. Sie gewährte ihnen gratis aus den Gemeindewäldern das nötige Baugehölz im Wert von etwa 3000 fr und 400 fr an barem Geld. Außerdem ließ sie in der Gemeinde eine Kollekte abhalten und bestimmte 6 besonders achtbare Bürger für eine gerechte Verteilung der eingesammelten Summe.
Einige Jahre später traf eine ähnliche Heimsuchung das Dorf Reckingen. Am 6. Mai 1862 brach im Ortsteil „am Eck” ein Großbrand aus, dem 7 Häuser mit Scheunen und Stallungen zum Opfer fielen. Diesmal beschloss der Gemeinderat, den Geschädigten sämtliches benötigte Bauholz umsonst aus den Gemeindewäldern zur Verfügung zu stellen.
Ein noch gewaltigeres Großfeuer wütete am 24. Juni 1865 in Fels. In der Mittagsstunde, alle Einwohner saßen bei Tisch, kam es aus im Hause des Bäckers Theodor Becker. Auf den sofortigen Alarmruf legte alles den Löffel hin und eilte an die Brandstätte. Es tobte aber zur selben Stunde in dem engen Felskessel ein Sturmwind, der die Funken nach allen Seiten wehte. Da noch zahlreiche Häuser mit Stroh gedeckt waren, fingen die trocknen Dächer wie mürber Zunder, und eine Stunde später brannte es an 8 verschiedenen Stellen. Die Hitze war zwischen den flammenden Häusern so unerträglich, dass die ersten Helfer weichen mussten, wollten sie nicht selbst zugrunde gehen. Da trafen glücklicherweise Ablösungen ein: Einwohner und Wehrmänner aus Mersch, Medernach und Diekirch. Auf telegraphischen Hilferuf machte sich auch das erste Pompierkorps von Luxemburg mit seiner Spritze auf den Weg.
Den vereinten Anstrengungen all dieser Leute war der Erfolg beschieden ; gegen Mitternacht war man des Feuers Herr. Die Wehren von Mersch und von Medernach fuhren heim, die Luxemburger und Diekircher übernahmen die Brandwache. Im Ganzen waren die Pfarrkirche, 75 Wohnhäuser und 24 Dependenzen ein Rauch der Flammen geworden. Glücklicherweise waren die meisten der Geschädigten bei den Gesellschaften „Magdeburg”, „Propriétaires Réunis” und „Paternelle” versichert und kamen ziemlich gut davon. In anderer Hinsicht aber warf die Brunst von Fels einen blutroten Schein schreckhaft über das ganze Land. Nie machten die Verkäufer von Feuerspritzen bessere Geschäfte, als damals.
Dann war wieder die Reihe an Vianden. Am 14. Juli 1871 entstand nachts ein großer Brand. 10 Häuser wurden ganz oder teilweise eingeäschert. Victor Hugo, der große französische Dichter, weilte damals zur Erholung im Burgstädtchen an der Our. Ohne zu zögern stellte er sich neben die Viandener Einwohner in die Kette der Wasserträger.
Am 20. März 1876 erschien endlich das Verbot, neue Strohdächer zu legen. Die Regierung erbot sich, durch Subsidien diejenigen zu unterstützen, die ihre Dächer mit Schiefer oder Ziegeln decken wollten. Man fügte sich endlich allerorts, aber Minister de Blochausen hieß in Zukunft „Leeënndecker”.
Den Abschluss dieses chronologischen Rückblicks auf die bekanntesten der Großbrände, die unser Land heimsuchten, mag ein authentischer Augenzeugenbericht bilden über eine Feuersbrunst, die unsern Ort Mersch am 23. Dezember 1898 zum Schauplatz hatte. Ziemlich ungeschickt im Ausdruck, jedoch unverkennbar im Stil jener Zeit geschrieben, bildet er ein Dokument, das in mehr als einer Hinsicht bemerkenswert ist. Er befindet sich im Archiv des Merscher Feuerwehrkorps, lässt aber die Frage nach dem Autor unbeantwortet. Hier ist er: „Gestern, Samstag, kurz nach 5 Uhr abends, wurde plötzlich auf dem St. Michelsplatze Alarm geblasen. Eine schreckliche Feuersbrunst war in den Scheunen, Remisen und Stallungen des Schlosses (Eigentum des Herrn Großkaufmanns K. J. P. Schwartz, herkommend von den Erben de Sonnenberg) ausgebrochen. Tausende und Tausende ungedroschener Garben, sowie eine unzählige Menge Stroh, Heu und Klee wurden ein Raub der Flammen. Und dies trotz aller möglichen Anstrengungen der sofort an der Brandstelle eingetroffenen Merscher Wehr, unter dem Kommando der HH. J. P. Welter und A. Duscherer, Präsident resp. Kommandant) welche in kaum fünf Minuten Zeit den ersten Wasserstrahl geben konnte.
Dicke Funken und brennende Strohteile erfüllten die Lüfte, die ganze Ortschaft bedrohend. Den Saug- und Druckpumpen musste Einhalt geboten werden, um das kostbare Wasser zu sparen, welches nur allzu bald aufgearbeitet war und man sich dann mit dem stinkenden Inhalt der Mistjauchezisterne begnügen musste. Auf einem anstoßenden Remisendach wurde Stellung genommen, und dank der mit großer Ausdauer durchgeführten Absperrung und den unaufhörlichen Wasserstrahlen gelang es, das eigentliche Schloss, welches seit Jahrhunderten das Merschertal dominiert, zu retten. In einem Stalle des brennenden Gebäudes hatte der Hr. Apotheker Mayrisch wert- und prachtvolle Blumenstöcke zum Überwintern untergebracht, durch welche bereits der erstickende Rauch sich hindurcharbeitete. Kommandant Duscherer drang selbst hinein und reichte andern beherzten Männern die Zierstöcke zur Rettung heraus. Kaum fertig, fielen dicke, brennende Balken durch den Speicherboden. Bis zum Montag morgen musste beim Brand Wache gehalten werden und gebührt der Merscher Wehr für ihren Opfermut und ihre Ausdauer öffentliche Anerkennung; deren Namen verdienen in einen Hauptstein des würdigen Schlosses für dauernde Zeiten eingraviert zu werden.
An Schaden erleiden:
An Gebäulichkeiten Herr Schwartz 18000 fr, derselbe ist versichert;
an Fourragen: Herr Michel Weis, Pächter zu Hünsdorf, 1200 fr, versichert; Herr N. Phillipart aus Luxemburg: 1200 fr, versichert; Herr Joh. Rauchs, Fuhrmann zu Mersch, 1500 fr ; Herr Joh. Weyland, Wirt zu Mersch, 2500 fr und Herr Nikolaus Schütz, Ackerer zu Mersch, 1100 fr; die drei letzten leider nicht für ihr Eigentum versichert.
Mitgeteilt muss noch werden, dass die Merscher Feuerwehr noch die große Ehre hatte, einen Imbiss nebst Flasche Wein (durch Herrn Schwartz angeboten) um Mitternacht in dem rühmlich bekannten Rittersaale des Schlosses einzunehmen.
Zum Schluss noch die dringende Bitte an den wohllöblichen Gemeinderat von Mersch, er möge doch endlich mit der angefangenen Wasserleitung fortfahren. Wie not das Wasser bei dem letzten Brande tat, hat sich zur Genüge gezeigt und lege man nicht erst einen Deckel auf den Brunnen, wenn das Kind drin liegt!

Gaston FRINGS
in der Broschüre zum Kongress 1967

Benutzte Quellen:
Spedener Gregor: Ephemeriden;
Müller : Tatsachen.

Print Friendly, PDF & Email