Der Pompier

Versuchen Sie einmal das Wort Pompier.

Nehmen Sie es bitte auf die Zunge, wie eine Schokoladetrüffel, oder wie ein Löffel würziger Erbsensuppe, oder einen Schluck Salvator. Merken Sie den Geschmack ? Hat es nicht einen Duft sui generis ?

Versuchen Sie nicht, Pompier in irgend einer Sprache zu übersetzen, nicht einmal ins Französische.

Unser Pompier ist ein Nationalgewächs, eine Landeseigentümlichkeit, wie Kochkäse und saurer Grächen.

Ein Pompier ist so wenig ein Feuerwehrmann wie eine „Zossis” eine Wurst ist.

Der Pompier verhält sich zum Feuerwehrmann wie die bemalte Seite der Kulisse zu der andern, wie der Sonntag zum Werktag, wie Musik zum Geräusch.

Es darf nicht sein, dass der Pompier verschwindet. Er ist eine soziale, ethische, nationale Notwendigkeit. Er ist das Sicherheitsventil für das Bedürfnis der luxemburger Männerwelt nach kriegerischem Aussehen, nach Uniformen, Disziplin und Schleppsäbeln.

Wenn nicht alles täuscht, so begann die Glanzzeit des luxemburger Pompiers nach dem Abzug der preußischen Garnison im Jahre 1867.

Damals hatten die Luxemburger den Geist der Uniform mit der Muttermilch eingesogen. Ihre Stadt war ganz auf das Militär gestellt. Ihr Leben verlief im Takt des eins zwei, links rechts des reinen Kommiss. Und dann auf einmal waren sie nur noch Zivil. Sie mussten sich Vor­kommen, wie der Herr Leutnant, der über Nacht Weinreisender gewor­den ist. Da wurde der Pompier ihre Rettung. Sie nähten sich rote Kragen an die Röcke und rote Streifen an die Hosen, setzten sich Helme auf dem Kopf, um die Ajax und Achilleus sie glühend beneidet hätten, und umgürteten ihre Lenden mit langen Schwertern. Wenn ein Zug Pompiers durch die Sonne marschierte, glitzerte er wie ein Lerchenspiegel, und Dicks konnte nicht umhin, auf sie sein Lied von den „Kadette vun der Spretz” zu verfassen.

Ich erinnere mich, als ob es gestern sei, wie er mir Wort und Weise eines Sonntags Vormittags in seinem Zimmer im Schloss zu Bredimus einpaukte. Er saß an dem alten Spinett, das klang wie ein Zigeunerzimbal, und sang mir vor:

„Dir Birger, schloft nun all a Ro’, d’Staadt de’ wèrd net verbrennen;
Er Secherhét ass emmerzo‘ am Pompier sengen Hännen”.

Und wenn dann der stramme marschmäßige Kehrreim kam:

„Mir hu keng Angscht vrun Flam a Bletz,
well mir sin d’Jonge vun der Spretz.
A mir sin all an iwerall d’Kadette vun der Spretz !“

– dann fuhren ihm die Akkorde scharf und glatt rhythmiert unter den kräftigen Händen vor, und sein kräftiger Bass fuhr drein, dass es eine Lust war.

Dicks hatte die Pompiers in seinem frischfeuchtfröhlichen Lied teil­weise etwas anders aufgefasst, als sie sich in der Wirklichkeit entwickel­ten. Tatsächlich hatten sich die Vereine zu einem Werkzeug der Feier­lichkeit ausgewachsen, zu einem Apparat, der sich am liebsten im Takt eines Prozessionsmarsches bewegte.

Der feierlichste Pompier der Stadt war damals unstreitig der Herr Theis aus Clausen, der wochentags „in der Regierung schrieb” und sonntags mit Hilfe seines Helms, seiner Uniform und seines Schlepp­säbels vergessen machte, dass ihm alles Heroische und Gewalttätige meilenfern lag. Ihm war der Pompier eine todernste bürgerliche und staatliche Angelegenheit, er war der Klassiker der Bewegung.

Heute hat sich der Pompier über das ganze Land verbreitet, und so ist es recht. Wünschen wir, dass es noch recht, recht lange dauert, ehe aus ihm ein Feuerwehrmann wird.

n. Batty Weber: Abreißkalender, 31.1.1923

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